Fasten Grundlagen

Was passiert im Körper und warum es funktioniert

Inhalt

Was ist Fasten?

Fasten bedeutet: nichts essen. Nur Wasser, schwarzer Kaffee oder ungesüßter Tee. Null Kalorien. Optional etwas Salz/Elektrolyte, aber keine Energie in Form von Nahrung.

Das klingt erstmal radikal, ist aber der natürlichste Zustand der Welt. Unsere Vorfahren hatten keinen Kühlschrank. Sie haben gegessen wenn es Essen gab, und gefastet wenn es keins gab - manchmal tagelang. Der menschliche Körper ist perfekt dafür gebaut.

Die Phasen des Fastens

0-12 Stunden

Verdauung und Glykogenverbrauch

Der Körper verdaut die letzte Mahlzeit und nutzt dann die Glykogenspeicher (Zuckerspeicher) in Leber und Muskeln. Noch nichts Besonderes.

12-18 Stunden

Fettverbrennung beginnt

Die Glykogenspeicher leeren sich. Der Körper schaltet auf Fettverbrennung um. Insulin sinkt, Glukagon steigt. Der Fettstoffwechsel läuft an.

18-24 Stunden

Ketose setzt ein

Die Leber beginnt aus Fettsäuren Ketonkörper herzustellen. Diese dienen als alternativer Treibstoff, besonders fürs Gehirn. Viele berichten von mentaler Klarheit in diesem Stadium.

24-48 Stunden

Autophagie aktiviert

Hier wird es interessant. Der Körper beginnt mit der "Selbstreinigung" - der Autophagie. Alte, beschädigte Zellbestandteile werden abgebaut und recycelt.

Der japanische Wissenschaftler Yoshinori Ohsumi erhielt 2016 den Nobelpreis für Medizin für seine Forschung zu diesem Mechanismus.

48-72 Stunden

Tiefe Autophagie

Die Autophagie läuft auf Hochtouren. Der Körper baut aktiv beschädigte Proteine, alte Zellorganellen und potenziell schädliche Zellen ab. Gleichzeitig werden aus den recycelten Bausteinen neue, gesunde Strukturen aufgebaut.

72+ Stunden

Stammzellen-Regeneration

Studien zeigen, dass nach etwa 72 Stunden Fasten die Produktion neuer Stammzellen angeregt wird. Das Immunsystem kann sich regelrecht erneuern.

Warum funktioniert Fasten?

Evolutionäre Anpassung

Der menschliche Körper hat sich über Millionen Jahre an Perioden ohne Nahrung angepasst. Diese "Notprogramme" sind keine Notlösungen - sie sind hochentwickelte Reparatur- und Optimierungsmechanismen die nur aktiv werden, wenn keine Verdauungsarbeit ansteht.

Energieumstellung

Normalerweise läuft der Körper auf Glukose (Zucker). Beim Fasten stellt er auf Ketone um:

  • • Stabilerer Blutzucker
  • • Weniger Insulinspitzen
  • • Verbesserte Fettverbrennung
  • • Oft bessere mentale Klarheit

Zelluläre Reinigung (Autophagie)

Wenn keine neue Energie reinkommt, muss der Körper haushalten. Er beginnt mit dem Abbau von:

  • • Beschädigten Proteinen
  • • Defekten Mitochondrien
  • • Alten Zellstrukturen
  • • Potenziell entarteten Zellen

Das ist kein Abbau von gesundem Gewebe - der Körper ist intelligent genug, zuerst den "Müll" zu verwerten.

Formen des Fastens

Intervallfasten (16:8, 18:6, OMAD)

16:8

16h fasten, 8h Essensfenster

18:6

18h fasten, 6h Essensfenster

OMAD

One Meal A Day

Einsteigerfreundlich, gut in den Alltag integrierbar. Hauptsächlich Fettverbrennung, weniger tiefe Autophagie.

24-48 Stunden Fasten

Einmal pro Woche oder alle zwei Wochen. Erreicht die Autophagie-Phase. Guter Kompromiss zwischen Aufwand und Wirkung.

Extended Fasting (3-7+ Tage)

Tiefgreifende Autophagie und Regeneration. Erfordert etwas Erfahrung und Elektrolyt-Management. Die ersten 2-3 Tage sind oft die schwierigsten, danach wird es meist leichter.

Längeres Fasten (2-5 Wochen)

Für spezifische gesundheitliche Ziele. Menschen haben 36+ Tage gefastet mit bemerkenswerten Ergebnissen. Der Körper kann erstaunlich lange ohne Nahrung funktionieren, solange die Fettreserven reichen und Elektrolyte stimmen.

Praktische Tipps

Vorbereitung

  • • Kohlenhydrate einige Tage vorher reduzieren
  • • Wasser und Elektrolyte bereithalten
  • • Nicht in stressiger Arbeitsphase starten

Während des Fastens

  • • Viel trinken (Wasser, schwarzer Kaffee, Tee)
  • • Bei längeren Fasten: Salz, Kalium, Magnesium
  • • Leichte Bewegung gut, intensive Workouts vermeiden
  • • Hunger kommt in Wellen - er geht wieder

Fastenbrechen

  • • Langsam anfangen, keine Riesenportion
  • • Leicht verdaulich zuerst (Suppe, gedünstetes Gemüse)
  • • Je länger das Fasten, desto sanfter das Brechen

Messen und Tracken (GKI)

Der Fastenzustand lässt sich messen. Das Verhältnis von Blutzucker zu Ketonkörpern (GKI - Glucose Ketone Index) zeigt, wie tief man in der Ketose/Autophagie ist.

GKI Berechnung

Glukose (mmol/L) ÷ Ketone (mmol/L) = GKI

GKI Werte und Bedeutung

GKI Wert Zustand
> 9 Normale Ernährung
6 - 9 Leichte Ketose
3 - 6 Moderate Ketose
1 - 3 Tiefe Ketose, starke Autophagie
< 1 Therapeutische Ketose

Günstige Messgeräte für Blutzucker und Ketone gibt es für unter 50€. Wer es genau wissen will, kann so seinen Fortschritt verfolgen.

Häufige Bedenken

"Verliere ich nicht Muskeln?"

Bei kurz- und mittelfristigem Fasten: Nein. Der Körper schützt Muskelgewebe und baut zuerst Fett und beschädigte Zellen ab. Wachstumshormon steigt beim Fasten sogar an, was dem Muskelabbau entgegenwirkt.

"Ist das nicht gefährlich?"

Für gesunde Menschen mit ausreichend Körperfett: Nein. Menschen haben unter ärztlicher Aufsicht über 380 Tage gefastet (dokumentierter Weltrekord). Der Körper ist darauf ausgelegt.

"Ich könnte nie so lange ohne Essen sein"

Das denken die meisten - bis sie es probieren. Die ersten 24-48 Stunden sind oft die schwierigsten. Danach verschwindet der Hunger größtenteils, weil der Körper auf Fettverbrennung umgestellt hat.

"Was ist mit dem Stoffwechsel?"

Kurzfristiges Fasten senkt den Stoffwechsel nicht. Im Gegenteil: Noradrenalin steigt, der Körper wird aktiver. Erst bei sehr langem Fasten oder chronischem Kaloriendefizit passt sich der Stoffwechsel an.

Weiterführende Ressourcen

Empfohlene Experten (YouTube)

  • Dr. Jason Fung - Einer der bekanntesten Fasten-Experten
  • Dr. Sten Ekberg - Verständliche Erklärungen zu Ketose und Fasten
  • Dr. Alan Goldhamer - Leiter einer Fasten-Klinik, Jahrzehnte Erfahrung

Buchempfehlungen

  • "The Complete Guide to Fasting" - Dr. Jason Fung
  • "The Obesity Code" - Dr. Jason Fung
  • "Life in the Fasting Lane" - Dr. Fung, Eve Mayer, Megan Ramos

Milestone Fasting App

Für das Tracking von Fastenperioden gibt es die Milestone Fasting App, die wissenschaftliche Meilensteine anzeigt und den Fortschritt durch die verschiedenen Fastenphasen visualisiert.

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